Praxis Handreha 2022; 03(01): 28-35
DOI: 10.1055/a-1698-0643
Update - Physiologie

Myofasziale Triggerpunkte – Entstehungshypothesen und Therapie

Siegfried Mense
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Zur Pathophysiologie von Triggerpunkten wird nach wie vor viel geforscht. Dass eine Energiekrise bei der Entstehung eine wichtige Rolle spielt, haben Studien bestätigt. Neuere Erkenntnisse ergänzen dieses Modell.

Eine Bestandsaufnahme: Der typische myofasziale Triggerpunkt (MTrP) ist eine punktförmige druckempfindliche Verhärtung in einem Skelettmuskel oder in seinem Bindegewebe. Eigentlich bedeutet myofaszial, dass der Triggerpunkt sich auch im Bindegewebe entwickeln kann. Aber die im Bindegewebe liegenden Assoziationstriggerpunkte haben andere Entstehungsmechanismen, werden oft anders bezeichnet und haben eine deutlich geringere praktische Bedeutung. Die folgende Darstellung konzentriert sich daher auf die muskulären Triggerpunkte; trotzdem wird der allgemein gebräuchliche Name „myofaszialer Triggerpunkt“ beibehalten.

Grundsätzlich ist ein Triggerpunkt kein Zustand, sondern ein Entwicklungsstadium. Die Entwicklung beginnt nach einer Überlastung oder Überdehnung eines Muskels mit dem Hartspannstrang, einem kleinen Bündel von angespannten Muskelfasern. Der Strang ist nicht druckempfindlich, verursacht keine Spontanschmerzen und keine übertragenen Schmerzen. Er enthält keinen palpablen Triggerpunkt.

Hält die Überlastung an, entwickelt sich zunächst in dem Hartspannstrang ein druckempfindlicher Tender Spot, der scharf umgrenzt und kleiner als der endgültige MTrP ist. Als Ursache für die Entwicklung des Tender Spot kommt die Ischämie infrage, die im Hartspannstrang durch Kompression der Blutgefäße entsteht [1] [2]. Der Tender Spot bildet zusammen mit dem Hartspannstrang den latenten Triggerpunkt. Er ist druckempfindlich, verursacht aber keine spontanen oder übertragenen Schmerzen.

Bei andauernder Belastung tritt dann der aktive Triggerpunkt auf, der alle Merkmale des MTrP zeigt, nämlich Druckempfindlichkeit, spontane und übertragene Schmerzen. Für die Praxis gilt: Die Entwicklung vom isolierten Hartspannstrang zum aktiven Triggerpunkt ist umkehrbar, das heißt, wenn nach der Überlastung der Muskel genügend Zeit für Erholung hat oder eine effektive Therapie folgt, ist der Vorgang reversibel [3].



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Article published online:
19 January 2022

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